Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 7 U 108/07
Rechtsgebiete: GmbHG, AO, StGB


Vorschriften:

GmbHG § 64 Abs. 1 Satz 1
GmbHG § 64 Abs. 2
GmbHG § 64 Abs. 2 Satz 1
GmbHG § 64 Abs. 2 Satz 2
AO § 34
AO § 69
StGB § 266 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 108/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.01.2008

verkündet am 16.01.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Mai 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.629,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2006 zu zahlen.

Dem Beklagten bleibt zur Vermeidung einer Bereicherung der Masse vorbehalten, nach Zahlung des ausgeurteilten Betrages an die Masse diesen Betrag von der Insolvenzverwalterin insoweit zurückzufordern, als die Empfänger der streitgegenständlichen Zahlungen im Insolvenzverfahren unter Berücksichtigung des Ranges ihrer Forderungen ohnehin befriedigt worden wären.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 58 % und der Beklagte zu 42 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der S... F... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) den Beklagten auf Schadensersatz im Umfang von 20.356,27 EUR wegen pflichtwidriger masseschmälernder Zahlungen nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in Anspruch.

Der Beklagte war geschäftsführender Alleingesellschafter der Schuldnerin. Das Insolvenzverfahren über deren Vermögen ist - im Ergebnis eines Eigenantrages des Beklagten vom 15. April 2003 - am 5. November 2003 eröffnet worden. Der Beklagte hat veranlasst, dass in der Zeit vom 6. Januar bis zum 20. März 2003 Zahlungen im Gesamtumfang von 21.518,16 EUR an Finanzämter, Sozialversicherungsträger und auf Lohnforderungen der Arbeitnehmer der Schuldnerin geleistet wurden.

Die Klägerin hat unter Anrechnung einer unbestrittenen Forderung des Beklagten gegen die Insolvenzmasse in Höhe von 1.161,89 EUR beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 20.356,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2006 zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 16. Mai 2007 antragsgemäß verurteilt.

Gegen dieses ihm am 21. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 4. Juni 2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. August 2007 - mit einem am 22. August 2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte erstrebt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages, insbes. zur Pflichtwidrigkeit der geleisteten Zahlungen, weiterhin die vollständige Klageabweisung.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache im erkannten Umfang Erfolg.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch aus § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG nur in Höhe von 8.629,05 EUR zu.

Anspruchsbegründend nach der genannten Vorschrift sind Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geleistet werden und nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

a)

Die in der Zeit vom 6. Januar bis zum 20. März 2003 erfolgten Zahlungen an Steuergläubiger, Sozialversicherungsträger und Arbeitnehmer der Schuldnerin im Gesamtumfang von 21.518,16 EUR sind zu einem Zeitpunkt veranlasst worden, zu dem die Voraussetzungen einer Insolvenzreife der Schuldnerin bereits vorlagen.

Die Klägerin hat unter Heranziehung der Summen- und Saldenliste per 31. Dezember 2002 (Bl. 59 ff. d.A.) substantiiert den Liquiditätsstatus der Schuldnerin zu diesem Stichtag dargelegt. Daraus ergibt sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 49.909,31 EUR. Die Klägerin hat darüber hinaus substantiiert vorgetragen, dass ein erheblicher Teil der dort aktivierten Forderungen gegen insgesamt drei Schuldner im Umfang von rund 95.000,00 EUR bereits seit mindestens Beginn des Jahres 2002 nicht eingebracht werden konnte und diese drei Schuldner ihrerseits in den Jahren 2001 bzw. 2002 in Insolvenz geraten waren. Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass seit September 2002 bis Februar 2003 stetig anwachsend auf zuletzt rund 22.000,00 EUR Lohnrückstände angefallen sind, was für sich betrachtet ein gewichtiges Indiz für eine Zahlungseinstellung und demnach für eine Zahlungsunfähigkeit ist (vgl. Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 17 Rdnr. 29/34 m.w.Nw.; BGH NZI 2007, 36/37). Eine die Fälligkeit der hier angeführten Lohnzahlungen hindernde Stundungsvereinbarung hat der Beklagte substantiiert nicht vorgetragen. Die pauschalen Behauptungen, die Arbeitnehmer hätten "stillschweigend Zahlungsaufschub gewährt" und "die Arbeitsentgelder (seien) lediglich zeitverzögert gezahlt" worden (Seite 6 des Schriftsatzes vom 10. Februar 2005, Bl. 102 d.A.), sind nicht geeignet, den von der Klägerin dargelegten Zahlungsrückstand auch nur in Zweifel zu ziehen.

Eine spürbare Verbesserung dieser wirtschaftlichen Krise bis zum 20. März 2003 ist von dem hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin hat die Schuldnerin ihren Arbeitnehmern Anfang Februar 2003 gekündigt und den Geschäftsbetrieb zum 28. Februar 2003 eingestellt. Am 15. April 2003 hat der Beklagte für die Schuldnerin Insolvenzantrag gestellt. Schon diese zeitliche Entwicklung ist Beleg dafür, dass eine nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin nicht erreicht werden konnte. Soweit der Beklagte behauptet hat, noch in den ersten beiden Monaten des Jahres 2003 habe die Möglichkeit bestanden, "sowohl für den Beklagten als Gesellschafter selbst wie auch durch Dritte Liquidität der Gesellschaft zuzuführen", und es hätten "dem Beklagten sowohl finanzielle Mittel von Seiten seiner Verwandtschaft wie auch darüber hinaus von Seiten des Gesellschafters der B... GmbH zur Verfügung gestanden" (Seite 3 des Schriftsatzes vom 22. März 2007, Bl. 290 d.A.), so dass die Gesellschaft hätte fortgeführt werden können, fehlt es an hinreichender Substantiierung dieser Behauptungen, so dass die Vernehmung der dort angebotenen Zeugen unterbleiben musste.

b.1)

Die vom Beklagten veranlassten Zahlungen der Schuldnerin ab dem 6. Januar 2003 sind allerdings im Umfang von 11.727,22 EUR mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vereinbar gewesen.

Maßstab für die Prüfung dieser Sorgfalt sind nicht die allgemeinen Verhaltenspflichten des Geschäftsführers, sondern insbesondere auch der Zweck des § 64 Abs. 2 GmbHG, Masseverkürzungen der insolvenzreifen Gesellschaft und eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gesellschaftsgläubiger zu verhindern (BGH, Urt. vom 8. Januar 2001, Az. II ZR 88/99, LS 2, Rdnr. 22 - zitiert nach juris). Trotz Insolvenzreife können daher solche Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sein, die aus sonstigen Gründen der Rechtsordnung geboten sind.

Eine Pflichtwidrigkeit hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 14. Mai 2007 unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung insbesondere verneint für die Zahlung fälliger Leistungen an die Sozialkassen oder die Steuerbehörden, wenn der Geschäftsführer sich bei Nichtabführung derselben der strafrechtlichen Verfolgung aussetzt (BGH NJW 2007, 2118/2120).

Das die entsprechenden sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften befolgende Verhalten des Geschäftsführers ist danach im Rahmen der bei § 64 Abs. 2 GmbHG anzustellenden Prüfung als stets mit den Pflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar anzusehen. Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt dies nicht allein für den längstens drei Wochen umfassenden Zeitraum, der gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zwischen Eintritt der Insolvenzreife und der Stellung des Insolvenzantrages liegen darf. Die die hier in Rede stehenden Zahlungen rechtfertigende Pflichtenkollision knüpft an die keinerlei Befristungen unterliegende strafbewehrte Verpflichtung zum Ausgleich fälliger Leistungen an die Sozialkassen und Steuerbehörden an und kann aus diesem Grunde selbst auch keinen zeitlichen Beschränkungen unterstellt werden.

Allerdings sind damit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht sämtliche Zahlungen an die Steuerbehörden und die Sozialversicherungsträger als mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar anzusehen. Es sind vielmehr nur Zahlungen zur Abwehr der persönlichen Haftung aus §§ 34, 69 AO und solche zur Abwehr der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung nach § 266 a StGB von der Pflichtwidrigkeit auszunehmen. Strafrechtlich relevant ist aber nur die Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung.

Danach sind im Streitfall zwar sämtliche auf Steuerforderungen geleisteten Zahlungen im Umfang von insgesamt 7.751,03 EUR von der Privilegierung nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG erfasst. Für die Zahlungen an die verschiedenen Sozialversicherungsträger kann demgegenüber allein für die Überweisungen an die BKK Z... vom 18. Februar 2003 und vom 28. Februar 2003 über jeweils 1.655,22 EUR festgestellt werden, dass es sich dabei ausschließlich um Arbeitnehmeranteile für November und Dezember 2002 gehandelt hat. Für die Zahlungen an die A... und die T... von insgesamt 1.331,50 EUR ist auf den Kontoauszügen jeweils undifferenziert als Verwendungszweck vermerkt "Beitragsmonat ...", so dass davon auszugehen ist, dass diese Zahlungen jeweils hälftig auf die Arbeitgeber- und auf die Arbeitnehmeranteile erfolgt sind. Als auf die Arbeitnehmeranteile geleistete und nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG privilegierte Beiträge können daher nur weitere 665,75 EUR berücksichtigt werden.

Insgesamt sind danach vom Beklagten veranlasste Zahlungen im Umfang von 11.727,22 EUR mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar gewesen.

b.2)

Wie für die vorstehend angeführten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung im Umfang von 665,75 EUR kann der Beklagte auch für die Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen von Arbeitnehmern der Schuldnerin im Gesamtumfang von 9.125,19 EUR eine Rechtfertigung nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nicht für sich in Anspruch nehmen.

Soweit der Beklagte behauptet, diese Zahlungen zur Wahrung berechtigter Sanierungschancen veranlasst zu haben, ist sein Vorbringen schon nicht schlüssig, jedenfalls nicht hinreichend substantiiert und deshalb unbeachtlich. Der Beklagte hat hierzu lediglich vorgetragen, dass selbst nach einer Besprechung im Büro seines Steuerberaters Anfang Februar 2003 "eine Fortführung des Betriebes noch für möglich erachtet worden" sei und "erst die tiefer gehende Beurteilung der Unternehmensberatung L... vom 20.03.2003" und das "Scheitern der beabsichtigten Teilzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern" die Insolvenz indiziert habe (vgl. Seiten 3/7 des Schriftsatzes vom 11. September 2006, Bl. 221, 225 d.A.). Greifbare Anhaltspunkte, die die behauptete positive Fortführungsprognose zu tragen geeignet gewesen wären, lassen sich diesem Vorbringen schon nicht entnehmen. Im Übrigen begegnet der Vortrag, der Beklagte habe noch bis zum 20. März 2003 berechtigterweise an eine Firmenfortführung glauben dürfen, schon deshalb durchgreifenden Zweifeln, weil den Arbeitnehmern unstreitig bereits Anfang Februar 2003 gekündigt und der Geschäftsbetrieb zum 28. Februar 2003 eingestellt worden ist.

Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Gesellschaft für die Lohnzahlungen eine unmittelbar gleichwertige Gegenleistung zugeflossen ist, weil die Fortsetzung der Arbeiten der Schuldnerin seit dem Jahreswechsel 2002/2003 zur Fertigstellung von beauftragten Leistungen geführt habe, die in einer die geflossenen Lohnzahlungen erheblich übersteigender Höhe abgerechnet hätten werden können. Bei den streitbefangenen Lohnzahlungen handelt es sich nämlich ausweislich des jeweils angegebenen Verwendungszweckes um solche für die Monate Oktober bis Dezember 2002. Die diesen Lohnforderungen zugrunde liegenden Leistungen mögen zwar im Sinne einer notwendigen Voraussetzung für die im ersten Quartal 2003 erfolgte Fertigstellung bestimmter Bauvorhaben gewesen sein. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Ausgleich ohnehin längst überfälliger Lohnforderungen und den aufgrund weitergehender Leistungen der Arbeitnehmer in der Zeit ab Januar 2003 fertig gestellten und damit dann erst abrechenbaren Leistungen und gegebenenfalls auch kurzfristig einbringlichen Forderungen der Schuldnerin fehlt insoweit aber.

Das im Rahmen der Ersatzverpflichtung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erforderliche Vorliegen eines Verschuldens wird vermutet und ist vom Geschäftsführer zu widerlegen (BGH NJW 2007, 2118/2120 m.w.Nw.). Der Geschäftsführer kann hier vor allem eine für ihn nicht erkennbare Insolvenzlage und seine Sicht von den Pflichten eines ordentlichen Geschäftsleiters entschuldigend ins Feld führen. Zur Entlastung muss der Geschäftsführer dann Nichtkenntnis und Nichterkennbarkeit der finanziellen Lage trotz entsprechender organisatorischer Vorkehrungen vortragen - und beweisen (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 64 Rdnr. 33 m.w.Nw.). Daran fehlt es im Streitfall.

Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass bereits der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2001 ein negatives Betriebsergebnis ausgewiesen hat. Schon dieser Umstand verpflichtete den Beklagten zu einer ständigen Überwachung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht. Die Tatsache, dass die jetzt zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit spätestens zum 31. Dezember 2002 herangezogenen Unterlagen zum Jahreswechsel 2002/2003 noch nicht fertig gestellt waren, entlastet den Beklagten daher nicht. Dass er dieser Selbstprüfungspflicht im Geschäftsjahr 2002 hinreichend nachgekommen wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Er hat insbesondere auch für die Monate Januar bis März des Jahres 2003 eine den Verschuldensvorwurf entfallen lassende externe fachlich qualifizierte Beratung dahin, dass die Gesellschaft auch in diesem Zeitpunkt nicht im insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet oder zahlungsunfähig war, nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.

Was genau Gegenstand der "regelmäßigen Kontakt(e) zu seinem Steuerbüro" gewesen sein soll, ist nicht vorgetragen, so dass es einer Vernehmung der dazu benannten Zeugen nicht bedurfte. Wann und mit welchem konkreten Auftrag die offenbar auch noch eingeschaltete Unternehmensberatung L... tätig geworden ist und welchen Rat diese aufgrund welchen konkreten Zahlenmaterials bis zum 20. März 2003 erteilt haben soll, ist gleichfalls nicht dargelegt. Die behaupteten Fortführungsbemühungen im Februar und März 2003 sind schon im Hinblick auf die unbestrittene Kündigung der Arbeitnehmer zum 28. Februar 2003 nicht plausibel. Die vom Beklagten behaupteten Sanierungsbemühungen bestätigen vielmehr die Annahme, dass er durchaus um die kritische Situation der Schuldnerin spätestens zum Jahreswechsel 2002/2003 gewusst hat. Die vom Bundesgerichtshof in der vom Beklagten wiederholt zitierten Entscheidung vom 14. Mai 2007 (NJW 2007, 2118/2120) für den Nachweis mangelnden Verschuldens geforderten Voraussetzungen für eine rechtfertigende externe Beratung können im Streitfall nicht festgestellt werden. Verlangt wird insoweit, dass sich das Vertretungsorgan unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt. Nur wenn - so führt der BGH weiter aus - die derart in Auftrag gegebene Prüfung, ob eine Insolvenzsituation vorliegt, zu der fachkundigen und für den organschaftlichen Vertreter bei der gebotenen Plausibilitätskontrolle nachvollziehbaren Feststellung führt, dass die Gesellschaft im Prüfungszeitpunkt nicht im insolvenzrechtlichen Sinn überschuldet oder zahlungsunfähig war, muss das Vertretungsorgan gemessen an der von ihm geforderten Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters keinen Insolvenzantrag stellen. Dafür bietet das pauschale Vorbringen des Beklagten keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Insgesamt hat demnach der Beklagte schuldhaft pflichtwidrig im Sinne von § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG Zahlungen im Gesamtumfang von 9.790,94 EUR veranlasst. Unter Anrechnung einer ihm selbst unstreitig gegen die Insolvenzmasse zustehenden Forderung in Höhe von 1.161,89 EUR verbleibt ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 8.629,05 EUR.

Dem Beklagten war zudem zur Vermeidung einer Bereicherung der Masse von Amts wegen vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach der Erstattung an die Masse gegen die Insolvenzverwalterin zu verfolgen (vgl. BGHZ 146, 264/279, BGH NZI 2006, 63/64).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 20.356,27 EUR.

Ende der Entscheidung

Zurück